„Ihr müsst mir versprechen, dass so etwas nie wieder passiert!“
Am 13. September 2022 erwartete Groß Ilsede hohen Besuch: Auf Einladung des Landkreises Peine besuchte der Autor und Holocaustüberlebende Ivar Buterfas-Frankenthal das Schulzentrum, um einen Vortrag über sein Leben zur Zeit des Nationalsozialismus zu halten.
Um Punkt 10 Uhr begann der Zeitzeuge, der in Begleitung seiner langjährigen Unterstützerin und Ehefrau Dagmar Buterfas-Frankenthal nach Ilsede gekommen war, seinen Vortrag vor rund 400 Schülern in der voll besetzten Aula (weitere 1000 Schüler*innen anderer Schulen des Landkreises waren per Livestream zugeschaltet). Diesen stellte er unter die Prämisse, dass es ihm nicht darum ginge, den anwesenden Schülerinnen und Schülern „Schuld aufzuladen“, sondern vielmehr anhand seiner Erfahrungen zu verdeutlichen, zu was Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus führen könne.
Zunächst berichtete Buterfas-Frankenthal, der am 16. Januar 1933 geboren wurde, von seiner Kindheit als jüngstes von sieben Kindern. Als Sohn eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter wuchs er als „Halbjude“ in Hamburg auf, wo er auch nach dem Krieg lange Jahre lebte. Spätestens als er von seinen Erlebnissen in der Schule berichtete, folgten alle anwesenden Schulangehörigen gespannt seinen Erzählungen: So legte er dar, inwiefern seine Schullaufbahn schon wenige Tage nach seiner Einschulung endete, da er als „Halbjude“ ausgeschlossen wurde. Er referierte weiter von antisemitischen Übergriffen seiner Mitschüler und von seinem Leben auf der Flucht nach Polen. Zum leichteren Verständnis für die jungen Zuhörer*innen bettete er seine Erinnerungen in die historischen Geschehnisse ein und veranschaulichte die Anekdoten mit Bildern, Gegenständen und verschiedenen Texten.
„Diese Geschichte“, so Buterfas-Frankenthal, sei auch der Antrieb für sein bis heute andauerndes Wirken für eine Erinnerung an die Verbrechen der Deutschen zur Zeit des Nationalsozialismus. Beispielhaft erklärte er sein Engagement zur Erhaltung des Turms des Hamburger Mahnmals St. Nikolai in Hamburg oder zur Schaffung der Gedenkstätte Lager Sandbostel. Ebenso erläuterte er die Gefahr von dem nie weg gewesenen, aber nun verstärkt aufkeimenden Rassismus und Antisemitismus in Deutschland.
Abschließend richtete er seine Worte direkt an die versammelte Schüler*innenschaft: Diese sollen dafür sorgen, dass niemand mehr eine solche Erfahrung wie er machen müsse. Das eingeforderte Versprechen bejahten die anwesenden Schüler*innen einstimmig. Als Erinnerung an dieses Versprechen und die zweistündige Veranstaltung erhielten die Schüler*innen ein Duplikat des so genannten „Fremdenpasses“, den er nach der Entziehung der deutschen Staatsbürgerschaft durch die Nationalsozialisten erhielt. Laut ihm „nach dem Judenstern die zweite Diskriminierung, die ich erfahren habe“. Im Anschluss an seinen Vortrag stellte er sich den Fragen der Schüler*innenschaft, die davon zahlreich Gebrauch machten.
Wir verneigen uns vor Ivar und Dagmar Buterfas-Frankenthal und bedanken uns für ihren Besuch in Ilsede.
V.Dillinger